Zum zweiten Mal in Folge musste der Brockenlaufverein Ilsenburg den Osterlauf wegen der Corona-Pandemie absagen. Über die aktuelle Situation im Verein und den im Herbst geplanten Jubiläumslauf sprach Volksstimme-Redakteur Ingolf Geßler mit Vereinschef Andreas Kruse. Mit freundlicher Genehmigung der Volksstimme geben wir hier das Interview wieder.
Noch sind es über fünf Wochen bis zum Osterfest, trotzdem wurde der traditionelle Oster-Ilsetallauf bereits abgesagt?
Andreas Kruse: Die Entscheidung fiel eindeutig, weil es die Lage im Moment nicht anders zulässt. Wir würden den Lauf zum aktuellen Zeitpunkt auch nicht genehmigt bekommen, deswegen haben wir gesagt, wir gehen an die Öffentlichkeit und sagen den Lauf ab. Leider schon das zweite Mal nach dem letzten Jahr, aber es bleibt uns keine Alternative.
Bei vielen Läufen wird eine virtuelle Variante angeboten, habt Ihr im Vorstand darüber nachgedacht?
Nein. Es wird sicher dazu kommen, so wie es auch letztes Jahr beim Brockenlauf war, dass ein paar Leute die Strecke privat laufen. Aber über eine Online-Variante haben wir uns keine Gedanken gemacht. Diesen Aufwand wollen wir uns sparen und alle Kräfte für die Jubiläumsauflage des Brockenlaufs bündeln.
Wie steht es um den Brockenlauf, der nach der Absage 2020 nun in diesem Jahr seine 50. Jubiläumsauflage erleben soll?
Nach der Absage des Oster-Ilsetallaufes ist es unsere Überlegung, dass wir den Brockenlauf am Sonnabend, 4. September, wenn es irgendwie geht, auf jeden Fall durchziehen wollen. Wir hoffen, dass bis dahin der Inzidenzwert im Harzkreis soweit gesunken und die Impfquote so hoch ist, dass wir vom Landkreis eine Genehmigung bekommen. Dafür werden wir rechtzeitig einen Antrag stellen.
Gibt es von Vereinsseite Konzepte, um den Brockenlauf auch bei weiterhin grenzwertigen Corona-Zahlen durchführen zu können?
Es war eine Überlegung von Martin Dähnn (Organisationschef des Brockenlaufes/d.Red.), dass wir eine versetzte Startreihenfolge, ähnlich wie beim Biathlon, mit einem Abstand von 30 Sekunden wählen. Das wäre eine Möglichkeit, den Massenauflauf am Start zu verhindern, damit nicht 500 oder 600 Läufer auf engstem Raum stehen. Mit der Firma Sportident, die uns technisch seit vielen Jahren unterstützt, wäre das überhaupt kein Problem, weil sie das aus dem Orientierungslauf kennt. Wenn wir das von den Zahlen her nicht müssen, um 9.45 Uhr ein ganz normaler Start auf dem Marktplatz möglich ist, dann würden wir das natürlich favorisieren.
Ein versetzter Start wie im Biathlon würde auch die Spannung steigern, zumal der Erste im Ziel ja nicht automatisch der Sieger wäre?
Das könnte man auch berücksichtigen, man kennt ja seine „Pappenheimer“. So könnten entsprechend der Vorleistungen die Besten zum Schluss starten. Durch das ständige Überholen könnte sogar eine bessere Zeit herauskommen, als wenn der Sieger von Anfang an vornweg marschiert und im Prinzip ein einsames Rennen gegen die Uhr läuft.
Wie sieht der Stand bei den Meldungen aus?
Zum Ende des Jahres lagen schon über 100 Anmeldungen vor. 2020 wäre es auf jeden Fall ein neuer Rekord geworden, das war Wahnsinn. Sicherlich auch dadurch, weil viele Laufveranstaltungen schon im Vorfeld abgesagt wurden und den ganzen Sommer über kaum etwas los war. Aufgrund der Situation haben wir uns für eine Absage entschieden, obwohl nicht alle im Vorstand dieser Meinung waren. Wir hätten allerdings nur eine sehr kurze Vorbereitungszeit gehabt, im August hätte uns der Landkreis bei der unsicheren Lage keine Genehmigung erteilt.
Eine zweite Absage soll nun also unter allen Umständen verhindert werden?
Dieses Jahr – wir reden ja über den 50. Brockenlauf und ein Jahr fehlt uns jetzt schon – wollen wir es schon ganz gern machen. Wir würden auch Jens Weißflog wieder zu einem Vortrag über seine Karriere einladen, mit ihm war schon im letzten Jahr eine Abendveranstaltung geplant. Eigentlich wollten wir auch wieder eine Band organisieren. Zur 50. Auflage wollten wir schon ein bisschen aus dem Vollen schöpfen, aber wir müssen halt auch sehen, was möglich ist. Aber bevor wir den Lauf erneut absagen, würden wir lieber alles an „Drumherum“ weglassen und möglicherweise sogar den Ilsesteinlauf opfern und nur den Brockenlauf anbieten, damit einfach die Tradition aufrecht erhalten bleibt. Und ich glaube die Leute sind extrem heiß, allein 500 bis 600 Anmeldungen nur für den Brockenlauf wären kein Thema.
Wäre es aus Deiner Sicht vorstellbar, dass nur geimpfte Läufer an den Start gehen?
Das gestaltet sich eher schwierig. Die ganz starken Altersklassen im Brockenlauf sind ja im Bereich M40, M45 oder M50, davon sind ja die wenigsten vorgeschädigt, die sind ja in der Regel topfit. Da sie nicht zur Risikogruppe gehören, wären sie mit der Impfung eigentlich erst im August oder September dran, dazu käme dann auch noch die notwendige zweite Impfung. Also das wäre schon problematisch. Das würde natürlich die jüngeren Leute eher ausschließen, als die älteren. Aber ich könnte mir vorstellen, bevor wir es ganz ausfallen lassen müssen, dass man dies dem Gesundheitsamt des Landkreises als „Bonbon“ anbietet.
Wie ist der Verein nach der Absage des Brockenlaufes im Vorjahr und den dadurch fehlenden Startgeldern finanziell aufgestellt?
Durch sehr gute und treue Sponsoren und den Verkauf der Brockenlauf-T-Shirts, die uns ja regelrecht aus den Händen gerissen wurden, geht es uns finanziell gut. Am Geld wird es auf keinen Fall liegen. Wenn es am 4. September keinen Brockenlauf gibt, liegt es an der fehlenden Genehmigung oder an zu hohen Infektionszahlen hier in der Gegend.
Wie verhält es sich denn mit den bereits eingezahlten Startgeldern für den im Vorjahr abgesagten Brockenlauf? Wurde der von allen gemeldeten Teilnehmer zurückgefordert?
Wir haben es den Leuten freigestellt, das Geld konnte auch gleich für die Anmeldung im nächsten Jahr verwendet werden. 40 bis 50 Sportler haben das auch so gemacht. Die übrigen Gelder wurden vom Finanzer unseres Vereins, Andreas Brüser, zurückerstattet.
Stichwort „Laufgruppe“: Wie sieht es sportlich im Brockenlaufverein Ilsenburg aus?
Wegen der Corona-Maßnahmen ist ja momentan nichts erlaubt. Es gibt Sportler, die sich getroffen haben und zu zweit nebeneinander zur gewohnten Laufzeit am Mittwochabend ihre 15 bis 18 Kilometer gelaufen sind. Aber man hört von vielen Mitgliedern, gerade von den alten Kameraden: Es fehlt nicht nur einfach das Training, sondern der Austausch. Dass man sich mal trifft, mal ein Bierchen trinkt, gemeinsam zu Geburtstagsfeiern geht oder auch der gewohnte Treff am Mittwoch – das fehlt allen. Die Laufszene ein bisschen auswerten, wie überall halt. Die Kontakte sind eben reduziert, das wird bei Fußballmannschaften ähnlich sein. Noch mehr in den unteren Ligen, wo ein großer Zusammenhalt herrscht. Das ist es eben, was ein Mensch in der Freizeit auch braucht. Wir haben in unserem Verein einen guten Zusammenhalt, das merkt man besonders bei runden Geburtstagen, wenn wir auch versuchen jeden Einzelnen hochleben zu lassen. Aber das fehlt schon seit einem guten Jahr. Die letzte Feier war Maren und Ingo Kugenbuchs „50.“ Anfang März letzten Jahres. Das ist schon bitter. Andererseits habe ich von keinem gehört, dass er schwer erkrankt ist, das ist in der heutigen Zeit sehr wichtig. Die ältesten Mitglieder im Verein sind schließlich auch über 80 Jahre alt.